Sie waren entsetzlich laut. Wahrscheinlich lag das aber an seinen überempfindlichen Sinnen gerade. Aber wie erwartet, suchte Risa eine der Zufluchtsstätte ihrer Eltern auf. Die Frau schaute prüfend in jeden Winkel, nur ließ sie die oberste Koje aus in die sich Judas verzogen hatte. Warum er sich hier befand fragte er sich selbst. Oben, vor dem Ausgang hätte er mehr bewirken können. Gebannt beobachtete er durch den dünnen Stoffvorhang, den er zugezogen hatte, wie die beiden sich etwas Nahrung von den Vorräten nahmen und sich leise unterhielten. Das Mädchen trauerte der Krähe nach, die immer Tod sagen konnte. Judas stieg fast das Blut wieder aus dem Magen hoch. Erstaunlich viel Geduld zeigte Risa, während sie der Kleinen zuhörte und sich sichtlich Mühe gab ihre Weggefährtin auf andere Gedanken zu bringen. Ja, konnte man es denn glauben. Dort oben rannte die Regierung rum und die spielten Teezeit! Genervt rollte sich Judas zur Wand. Doch das leise Geflüster donnerte in seinen Ohren. Also wickelte er sich die Decke darum und schlief kurz darauf ein. Sollte jemand kommen, er würde es schon bemerken.
Er hatte es befürchtet. Aber dieser TF war doch nicht so herzlos, wie er es bisher immer gesehen hatte. Vielleicht lag das an dem Kind oder, was er nicht glauben konnte, der Mann besaß Anstand. Prüfend fasste sich Judas an die Seite. Die Wunde war warm. Konnte er es riskieren? Bei dieser Masse an Gegner musste er es tun. Und es musste so aussehen, als hätten Menschen es voll übt. Er strich sich über den stoppligen Schädel. Keine leichte Aufgabe. Zudem war er aus der Übung. Aber es gab keinen anderen Weg. Gegen zwanzig Mann kam man allein oder zu zweit nicht an. Sein Messer zückend, schnitt sich Judas in den Handteller. Gier versuchte sich seiner Sinne zu bemächtigen, aber er trank langsam sein schwarzes Blut. Gerade so viel, dass seine Zähne nicht wuchsen. Die Muskeln brannten vor Energie, als er hinab sprang. Von einem der Soldaten errang er ein Maschinengewehr, damit schaffte er es schon acht auszuschalten. Das Gewehr mit leerem Magazin einem gegen den Kopf schleudernd machte sich Judas daran die übrigen mit seinem Messer die Kehlen aufzuschlitzen. Als alle Tod am Boden lagen, stach er auf manche Leichen noch ein, um Rache zu mimen. Das Ganze hatte nicht einmal einen drei Liedschläge gedauert. TF stand steif da, aber er konnte ihn nicht gesehen haben. Dazu hätte er einmal stehen bleiben müssen, war Judas nicht getan hatte. Von der verbliebenen Energie stürmte er wieder davon, als der Schatten, wie er gekommen war.
Aaß! Aber er grinste frech zurück, was TF verunsicherte. Der Narr mochte die Göre als Schutzschild nutzen, aber es gab immer noch stellen die er Treffen konnte. Er nahm etwas Spannung von der Sehne, der Narr glaubte tatsächlich nun eine Antwort zu bekommen. Der Schuss in seine Hand jedoch ließ ihn erstarren. Risa nutzte die Chance und warf ihn zu Boden, die Klinge wieder gegen dessen Kehle gepresst. Nur blickte sie nicht den Kerl an, sondern ihn. Amüsiert grinste er sie mit seinem bedrohlichsten Lächeln an. Nur hatte es keine Wirkung mehr. Der Hass war zu groß. Ein Zwicken ging durch sein Herz. Natürlich glaubte sie, er hätte ihre Eltern umgebracht. Es war auch besser so, wenn sie das glaubte. Würde sie Zuneigung für ihn empfinden, brächte es sie in Gefahr. Nur befand sie sich darin schon. Zwar noch nicht auf dem Niveau wie er, doch sie war begehrte Beute. Viel zu begehrte, um allein gelassen zu werden. „Mörder!“ Judas zuckte lediglich mit den Schultern, was seine Wunde an der Seite wieder zum Pochen brachte. Er hatte wie erfolgreich vergessen gehabt. „Mörder, Monster, Dämon, Menschenfresser, Kannibale alle Bezeichnungen, die dir jetzt einfallen werden, habe ich bereits hundertmal gehört.“ Zur Unterstützung gähnte er ausgiebig. „Wieso musstest du meine Eltern fressen!“ Der Schlag saß, auch wenn Judas es schaffte es sich nicht anmerken zu lassen. Übelkeit brachte seinen Magen zum rumoren. Wie sollte man das in Worte fassen? Entschuldige, ich musste deine Eltern verspeisen und die Knochen verbrennen, weil in ihren Genen etwas steckt, dass die Menschheit auslöschen kann, hörte sich wahrlich verrückt an. Noch viel unglaubwürdiger würde es nur wenn, sollte er ihr verraten, dass ihre Eltern ihn darum gebeten hatten. „Willst du mich jetzt auch fressen? Haben dir meine Eltern nicht gereicht?“ Ein Würgereiz setzte ein, den er kaum noch zu bändigen vermochte. Er überspielte alles mit seinem einstudierten finsteren Lachen. „Ich habe nie genug. Und ich mag es nicht, wenn man mir meine Beute streitig macht.“ Mit diesen Worten sprang er zurück in die Bäume. Bewusst ließ er die Äste wackeln, machte Lärm, den er dann immer weiter drosselte, sodass es sich anhörte, als entfernte er sich. Tatsächlich blieb er. Er konnte sie nicht mehr allein lassen. Und sollte es wirklich so sein, wie er befürchtete, müsste er bald sein letztes Versprechen einlösen.
Die Wunde war versorgt und das leichte brennen der Kräuterpaste war störte ihn kaum. Viel mehr nervte es ihn überhaupt so nachlässig gewesen zu sein. Die Beine über den kleinen Balkon seiner Baumhütte baumelnd, starrte Judas hinab auf das dichte Meer aus Nadeln. Seufzend ließ er sich auf den Rücken fallen. Irgendwie ließ ihn die Begegnung mit diesen beiden Hühnern keine Ruhe. Aber wieso? Nachdenklich schob er seine Finger unter das Lederhemd und kratzte sich an der Brust. Ja, er kannte die ältere. Aber woher? Er begann mit seiner Kette zu spielen. Menschenfresser. Dafür, dass es hier so wenig Nahrung gab, wunderte es ihn viel mehr, dass nicht schon andere auf diese Idee gekommen waren. Judas erwischte sich dabei, wie der alte Ärger versuchte hochzukriechen. Nein, ihm machte das Spaß. Nur schaffte er es nicht in seine alte Gleichgültigkeit zu verfallen. „Judas?“ „Ja, warum nicht?“ „Weil er der Verräter in der Bibel war, der der für Jesus Tod verantwortlich ist.“ Genervt wedelte er mit der Hand durch die Luft, als ob er so die aufkommende Erinnerung stoppen könnte. Aber es gelang ihm nicht.
Sie schauten beide verschreckt zu ihm. Ihr Blick sagte alles, noch bevor sie es ihre Lippen taten. „Es ist ein guter Plan“, sagte er und grinste sie breit an, obwohl Ekel seine Magen zum Krampfen brachte. „Du willst wirklich Menschen essen?“ Miriams zitternde Stimme ließ Zweifel in ihm aufkommen. Genervt schüttelte er den Kopf. „Ja, aber nicht alles.“ „Nur die Fetten?“ Leise lachte er über Gustavs Scherz, seine Frau belohnte ihn jedoch mit einem deftigen Stoß in die Seite. „Gustav, dass ist nicht witzig!“ „Nein, ist es nicht, aber logisch.“ Mit dem Finger wie der Mann auf seine Kette. „Allein schon mit dem Ding gilt er hier als Kannibale.“ Stille. „Es ist aber ein Unterschied, ob es ein Gerücht ist oder tatsächlich getan wird!“ „Ach, du hast noch nie mit dem Gedanken gespielt, die Regierung auf irgendeine Art zu bestrafen?“ Wieder Stille, doch sie blieb. Zufrieden schnaufte Gustav, auch wenn sein Gesicht recht grün wurde. „Ich kann verstehen, dass du dich Rächen willst. Ich bewundere dich auch ein wenig für diesen Schritt. Aber glaubst du wirklich, du kannst zu dem werden, den du dir erdacht hast?“ „Zum Dämon?“, harkte er amüsiert nach, auch wenn Angst in ihm brodelte. Das überraschte Gesicht seine Freundes zeigte ihm, dass er überzeugend spielte. „Natürlich, darum nenne ich mich ab heute Judas, damit jeder weiß, dass er es mit einem Verräter zutun hat.“
Verärgert schlug Judas auf die Holzplanken. Nein, das ging wirklich zu weit. Gerade als er sich aufrichtete, um auf die Jagd zu gehen, kroch noch ein Bild aus den alten Zeiten hervor. Ein kleines Mädchen. Das Bild überlappte sich mit dem von einem der aufgeschreckten Hühner. „Fuck“, stieß er aus. Das durfte doch nicht wahr sein. Jetzt ergab auch dieser verfluchte Vernichtungsschlag Sinn. Die Regierung wollte keine Säuberung, sondern etwas viel wertvolleres. Hastig kletterte er den Baum hinab. Wie hatte er sie nicht wiedererkennen können! Hoffentlich war es nicht zu spät. Von Ast zu Ast fliegend, beschimpfte er sich selbst. Wie hatte er das nur vergessen können? Beinah wäre das kostbare Geheimnis in die Hände der Regierung gefallen. Und es wäre seine Schuld! Endlich kam die alte Hütte in Sicht. Ein Mann war da, den Risa mit dem Messer ihres Vaters bedrohte. Sein Geschenk damals an Gustav. Judas scherte sich nicht darum, versteckt zu bleiben, sondern sprang geräuschvoll hinab und zielte sogleich auf den Mann. Beide starrten ihn erst verwirrt und dann erschrocken an. „Wer bist du?“, zischte Judas und zog die Sehne zu seinem Mundwinkel.
Seine gute Laune war verflogen, sobald der erste Schuss zu hören war. Noch viel schlechter wurde sie, als er die Rauchsäulen sah. In einer Baumkrone hockend, beobachtete Judas, wie die kleine Ruine dem Erdboden gleichgemacht wurde. Das war keine simple Säuberung mehr, sondern ein Vernichtungsschlag. Aber wozu? Was scherte die Regierung Todgeweihte? Ein Knistern unter seinem Versteck ließ ihn aufhorchen. Sich dichter an den Stamm pressend, erspähte er eine junge Frau, die ein Kind hinter sich herzog. Die Kleine stolperte und flog mehr, als dass ihre Füße irgendwie den Boden berührten. Die Frau schaute gehetzt hinter sich. Jetzt kam der Ärger auch noch in den Wald. Genervt stöhnte Judas, als er den Bogen von der Schulter nahm. Was hatte diese Menschenansammlung nur getan, um sich derartig unbeliebt bei der Regierung zu machen. Naja, ihm hätte es egal sein können. Sterben tat eh jeden Herzschlag hier jemand. Aber Kinder abschießen? Irgendwo hörte auch seine Gleichgültigkeit auf. Die Gruppe aus fünf Männer bemerkten nicht einmal, dass der letzte bereits Tod im halbvertrockneten Gras lag. Erst beim Dritten zeigten die zwei Schnellersten eine kleine Reaktion, doch dies bescherte ihnen Pfeile im Hinterkopf. Seufzend schaute er nach den beiden, doch die waren natürlich längst über alle Berge. „Gern geschehen“, knurrte er leise, als er hinab stieg und seine Pfeile wieder einsammelte. Aber was sollte man auch von Verbrecherkindern erwarten? Manieren? Er musste leise lachen, aber ein Schuss lenkte seine Aufmerksamkeit nach vorne. Der Mann grinste ihn breit an, das Zielfernrohr seines Scharschützengewehrs genau auf ihn gerichtet. Ehe der nächste Schuss erfolgte, riss Judas eine Leiche vom Boden hoch. Doch die Distanz war viel zu gering und die Kugel ging durch den Körper hindurch. Fluchend presste Judas die Hand auf den Schnitt an der Seite. Tief wer er nicht, aber ärgerlich. Wie hatte er so nachlässig sein können. Ein weiterer Schuss folgte, doch dem wich er aus. Als er einen Baum hinter sich erblickte, warf Judas die Leiche Weg und stürmte im Zickzackkurs davon. Ein Paar Kugeln flogen weit an ihm vorbei ins Nichts, dann gab der Scharfschütze auf. Den Mittelfinger emporgereckt, wünschte er ihm die Pest an den Hals, ehe er unvermittelt in jemanden hinein lief. Über den Boden rollend, versuchte er zu erkennen, wer da seinen Weg gekreuzt hat und fluchte erneut. Das durfte doch nicht wahr sein. Das kleine Mädchen zeigte am Boden kauernd auf ihn, die Augen weit aufgerissen. Viel entsetzter wirkte jedoch die Frau. „Menschfresser“, stammelte sie. Judas erhob sich, dabei klapperte seine Kette aus Fingerknochen. Finster lächelte er sie an. „Schade, dass ich schon satt bin“, sagte er und sofort kehrte seine gute Laune zurück, als die beiden im Chor aufschrien. Mit einer übertriebenen Verbeugung verabschiedete er sich und ließ die verschreckten Hühner allein. Er musste sich um seine Wunde kümmern, sonst würde ihn der Kratzer teuer zu stehen kommen.
Der halbvertrocknete Grashalm verlor das letzte Fünkchen Geschmack, doch das Bild vor ihm genügte, um seine Laune deutlich zu heben. Wie verdattert die Männer vor dem Wagen standen. Natürlich hatten sie nicht sehen können, was er gesehen hatte. Die Frau war wirklich gerissen. Gleich nachdem passieren des Schlundes, hatte sie sich in den Truck geschlichen. Zugegeben ein sehr waghalsiger Plan, den mindestens so viele für unmöglich hielten, wie heimlich von vollen Bäuchen träumten. Aber sie hatte es geschafft. Leicht lädiert zwar, aber sie hatte drei volle Tasche Nahrungsmittel ergattert. Den Halm ausspuckend, machte sich Judas an den Abstieg vom Baum. Es war leicht. Zumindest für ihn. Auch der Bogen, der um seinen Oberkörper lag, hinderte ihn keineswegs. Als er die Höhe erreichte, wo die übrigen Bäume begannen, sprang er wie ein Eichhörnchen von Ast zu Ast, bis er sich genau über dem Transporter befand. Die Schlägerei um die letzten Nahrungsmittel hatte begonnen. Wer stärker war, konnte allein am Körperbau schon erkannt werden. Doch einer unter den hageren Männern zog nicht den Kopf ein. Wahrlich ein Löwe unter Mäusen. Amüsiert grinste Judas, als er sich einen Ast suchte, wo er dem Fremden besser im Auge hatte. Das Gesicht war ihm keineswegs fremd. Kaum einer konnte sich seiner Aufmerksamkeit entziehen. TF nannte sich der schon erstaunlich alte Junge. Üblicherweise erreichte man im Black Forest selten das zwanzigste Lebensjahr. TF aber war, so wie er aussah, fast schon enden zwanzig, hager, aber doch nicht schwach. Ein Umstand, dem er dem kostbaren Messer verdankte, dass sich in seinem Besitz befand. Metallaffen waren wahrlich ein noch kostbareres Gut als Nahrung. Judas‘ Finger wanderten über das Holz seines Bogens. Es gab auch noch andere Wege zu kämpfen. Der Kampf unter ihm neigte sich dem Ende. TF fuhr aufgrund seiner Waffe natürlich die meiste Beute ein, sehr zur Freude dessen Lakaien. Wieder ganz andere Gesichter, als bei der letzten Lieferung. Aber das Schauspiel langweilte ihn schon. Der Höhepunkt war verstrichen, es gab nichts aufregendes mehr zu sehen. Und es wartete noch viel Arbeit auf ihn.
Geschafft^^ Aber wie beim ersten Wettbewerb der Anfang von etwas viel größerem. Verzeiht mir, aber die Idee hatte so lange schon gebrannt, dass sie niedergeschrieben werden wollte...
Habe aber nur 8.429 Wörter eingestellt, damit die Teile in etwa gleich groß werden. Vielleicht schaffe ich auch morgen die übrigen 732 Wörter. Ist ja eigentlich nicht mehr viel :D
So, heute den ersten Teil eingstellt, nachdem ich nochmal von Vorne angefangen habe. Hat sich auf jeden Fall gelohnt^^ Muss aber in der Woche nochmal ran, um mein Pensum zu schaffen.
wie sicherlich der ein oder andere gesehen hat, haben wir auf dem Forum die Kategorie Arbeitsgruppe neu hinzugefügt. Der Grund für diese Änderung ist simpel: Wir werden künftig den Bereich "Eigene Welten" anders nutzen.
Angela und ich haben in den letzten Wochen das System der Gemeinschaftswelten auf die Geschichte von einem von uns übertragen, d.h. der eine hat einen Anfang mit seinem Protagonisten geschrieben und der andere erfindet eine Figur, die in die Geschichte des anderen hineinpasst, anschließend wird wie bei den Gemeinschaftsprojekten eine Aufgabe für den anderen hinterlassen. Wir sind von dieser Variante sehr begeistert, weil man nicht nur das Grundgerüst des eigenen Projekts genau kennen muss, sondern auch die Figuren sehr gut ausbauen bzw. kennen lernen kann.
In den kommenden Tagen versuchen wir diesbezüglich für euch ein Beispiel vorzubereiten und die Beiträge, die sich noch in den Eigenen Welten befinden in die Arbeitsgruppe zu verschieben.
Solltet ihr noch fragen haben, stellt sie ruhig schon mal hier. Wie gesagt, wir haben das neue System ausgiebig getestet.